Rügen, 24.04.2023
Erste schwimmende Messstation vor Rügen sorgt für besseren Meeresnaturschutz
Bundesumweltministerin Steffi Lemke und BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm haben heute bei Rügen die erste schwimmende „Datentonne“ in der Ostsee in Betrieb genommen. Begleitet wurden sie von Sebastian Unger, dem Meeresbeauftragten der Bundesregierung. Die auf der Wasseroberfläche schwimmende Messstation soll künftig wichtige Informationen für das Management der Meeresschutzgebiete in der Ostsee liefern. Die Datentonne zeichnet hydrologische und meteorologische Daten auf und dokumentiert das Vorkommen von Schweinswalen und Fledermäusen sowie die Befahrung des Schutzgebietes. Damit stellt die Datentonne umfassende Umweltbasisdaten für das biologische und ozeanografische Monitoring als Grundlage für das Gebietsmanagement bereit. Einsatzort der Datentonne ist das Naturschutzgebiet Pommersche Bucht-Rönnebank östlich der Ostseeinsel Rügen. Weitere Tonnen werden in der nächsten Zeit in allen Meeresschutzgebieten des BfN ausgebracht. Die Datentonne wurde im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) entwickelt und gebaut.
Auf See: Bundesumweltministerin Steffi Lemke und der Meeresbeauftragte Sebastian Unger im Gespräch mit BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm und Mitarbeitern der Abteilung Meeresnaturschutz am BfN
© Sören Dürr
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Die Meere sind stark übernutzt und zudem belastet durch die Klima- und die Verschmutzungskrise. Viele heimische Arten drohen, auszusterben. Gleichzeitig sind gesunde Meere als Lebens- und Nahrungsgrundlage für Millionen von Menschen, als Ort der Erholung und für den Kampf gegen die Klimakrise unerlässlich. Deshalb räumen wir dem Meeresschutz höchste Priorität ein. Wir müssen es schaffen, den Schutz der Meere und die natur- und umweltverträgliche Nutzung miteinander in Einklang zu bringen. Dafür brauchen wir auch eine gute wissenschaftliche Grundlage und gute Daten, die die Datentonne uns liefern wird.“
BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm: „Meeresschutz ist Klimaschutz ist Naturschutz. Für einen guten Meeresschutz brauchen wir verlässliche Daten. Diese sind in den Schutzgebieten an Land leichter zu gewinnen als im Meer. Die neue Datentonne bringt uns einen entscheidenden Schritt weiter: Sie liefert in Echtzeit und ohne Unterbrechung Informationen, die für das BfN als zuständige Schutzgebietsverwaltung unerlässlich sind. Die gesammelten Daten fließen letztlich in Entscheidungsgrundlagen ein, welche Maßnahmen notwendig sind, um konkret dieses Gebiet dauerhaft zu sichern.
Bei der offiziellen Inbetriebnahme der Datentonne auf dem Schiff „Fortuna Kingfisher“ informierten sich Bundesumweltministerin Steffi Lemke, BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm und Sebastian Unger, Meeresbeauftragter der Bundesregierung, unter anderem über die AWZ-Schutzgebietsverwaltung durch das Bundesamt für Naturschutz. Die etwa 4 Meter hohe und 900 Kilogramm schwere Messstation wird künftig an der Meeresoberfläche schwimmen und von 3 Ankersteinen von je 2 Tonnen befestigt, die am Meeresboden befestigt sind.
Die Datentonnen werden Schritt für Schritt in alle Meeresschutzgebiete des BfN ausgebracht, womit eine Vorgabe aus den Gebietsmanagement-Plänen umgesetzt wird, die seit 2022 in Kraft sind. Die Messinstrumente sind an 365 Tagen im Jahr in Betrieb; alle 90 Tage ist eine Wartung durch Mitarbeiter*innen des BfN vorgesehen. Ein Teil der Daten kann in Echtzeit mittels Satelliten- oder GSM-Verbindung abgerufen werden, die übrigen Daten werden aufgezeichnet und jeweils im Zuge der Wartungsarbeiten abgerufen.
Meeresbeauftragter Sebastian Unger: „Meeresschutzgebiete sind eines der wichtigsten Instrumente zum Schutz der Meere. Bis zum Jahr 2030 sollen 30 Prozent der Weltmeere unter Schutz stehen, um ausreichend Ruhe- und Rückzugsräume für bedrohte Meeresnatur zu schaffen. In Deutschland kommt es jetzt darauf an, das Management in den bereits vorhandenen Schutzgebiete zu stärken. Die neuen Messstationen werden dafür notwendige Umweltdaten liefern“.
Hintergrund
Meeresschutzgebiete
Mit Inkrafttreten der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen verpflichteten sich die Mitgliedsstaaten der EU bereits 1992, ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten zu schaffen. Die FFH-Gebiete bilden zusammen mit den Europäischen Vogelschutzgebieten das Schutzgebietssystem Natura 2000. Ziel dieses Netzes ist der Erhalt und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt an Land und im Meer. Die 10 Natura 2000-Gebiete in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee sind als 6 Naturschutzgebiete (NSG) seit dem 22. September 2017 unter Schutz gestellt.
NSG Pommersche Bucht
Das 2.092 Quadratkilometer umfassende NSG Pommersche Bucht Rönnebank liegt rund 20 Kilometer östlich der Insel Rügen. Es reicht von den Riffen des Adlergrunds und der Rönnebank im Norden und Nordwesten bis zur seewärtigen Grenze des deutschen Küstenmeeres und schließt dort die Oderbank als größte Sandbank der deutschen Ostsee mit ein. Der Nahrungsreichtum dieses großen Schutzgebiets und die Eisfreiheit auch in kalten Wintern zieht jedes Jahr bis zu einer halben Million Meeresenten an, die hier rasten und sich Fettreserven für die anstrengenden Zugzeiten anfressen. In einmaliger Weise lässt sich hier das Zusammenspiel im Nahrungsnetz der Ostsee erkennen. Das NSG Pommersche Bucht sichert zahlreichen bedrohten Arten, von den kleinsten Bodenlebewesen über Wanderfische wie dem Baltischen Stör bis zu gefährdeten Seevogelarten, zum Beispiel Eisenten, und Meeressäugetieren wie dem Schweinswal wichtige Nahrungs-, Rast-, Fortpflanzungs- und Aufzuchtgebiete.
Komplexgebiet
Das NSG Pommersche Bucht Rönnebank stellt ein Komplexgebiet dar, in dem verschiedene Schutzregime aneinander angrenzen oder sich räumlich überlagern. Es vereint damit die europäischen Natura 2000-Gebiete, die nach Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) und Vogelschutzrichtlinie (VRL) geschützt werden. Die einzelnen Teile, die einem FFH- oder Vogelschutzgebiet entsprechen, werden in der Schutzgebietsverordnung des Komplexgebietes als Bereiche bezeichnet.
(Quelle: Bundesamt für Naturschutz)