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© BMI / Henning Schacht

Berlin, 31.03.2023

Polizeiliche Kriminalstatistik 2022: Steigende Fallzahlen nach Wegfall der Corona-Beschränkungen
Anstieg um 3,5 Prozent gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019

Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die Vorsitzende der Innenministerkonferenz und Innensenatorin von Berlin Iris Spranger, und der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, haben heute gemeinsam in Berlin die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2022 vorgestellt. Im Berichtsjahr 2022 wurden bundesweit insgesamt 5.628.584 Straftaten registriert. Das entspricht einer Steigerung um 11,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und um 3,5 Prozent gegenüber 2019, dem Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie.

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Es ist entsetzlich, dass tagtäglich Kinder und Jugendliche Opfer von sexualisierter Gewalt werden. Wir tun alles, um die Täter und ihre Netzwerke zu ermitteln und Kinder zu schützen. Das hat höchste Priorität. Wir werden künftig erstmals europäische Instrumente schaffen, um Onlineplattformen in die Pflicht zu nehmen, damit Missbrauchsdarstellungen entdeckt, gelöscht und die Täter verfolgt werden. Mit dem EU-Zentrum gegen Kindesmissbrauch werden wir die Opfer unterstützen und ihnen erstmals das ausdrückliche Recht geben, zu erfahren, ob Missbrauchsabbildungen noch im Umlauf sind.

Ein weiteres Thema, das mir als Innenministerin besonders am Herzen liegt, ist die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Wir müssen handeln, um Frauen besser zu schützen und die Angst vor Übergriffen zu nehmen. Wir brauchen mehr Präsenz von Sicherheitskräften in öffentlichen Verkehrsmitteln und an kriminalitätsbelasteten Orten – und mehr Videoüberwachung. Wir müssen außerdem Gewalt gegen Frauen klar als solche erkennen und benennen, um diese wirksam bekämpfen zu können. Frauenfeindliche Straftaten werden wir deshalb in den polizeilichen Statistiken künftig genauer erfassen und auswerten. Wir werden in diesem Sommer ein neues Lagebild zur Häuslichen Gewalt vorlegen.“

Iris Spranger, Berliner Innensenatorin, Vorsitzende der IMK: „Wo Täter und Täterinnen den digitalen Raum ausnutzen, sich über Grenzen hinwegsetzen, müssen wir mit unseren Sicherheitsbehörden über Grenzen hinausdenken. Gerade im Kampf gegen die Verbreitung, den Erwerb und vor allem die Herstellung von Missbrauchsdarstellungen von Kindern wird dies deutlich. Als Innenministerkonferenz haben wir daher auch in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf den Schutz und die Sicherheit der Schwächsten unserer Gesellschaft auch durch eine vernetzte, behördenübergreifende Zusammenarbeit gelegt. Die Botschaft an Täter und Täterinnen ist unmissverständlich, es gibt keinen Rückzugsort vor unserem Rechtsstaat.

92,4 % der Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und etwa 80 % der Opfer Häuslicher Gewalt sind weiblich. Das ist eine bedrückende, weibliche Perspektive auf Innere Sicherheit, der wir als IMK Rechnung tragen werden. Die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen bildet einen weiteren Schwerpunkt unserer Arbeit. In Niedersachsen und Berlin läuft derzeit eine Pilotphase mit einer speziell entwickelten App. Es geht unter anderem um niedrigschwelligen Zugang zu Informationen, Hilfsangebote und den Weg aus der Gewalt heraus.“

Holger Münch, Präsident des BKA: „Die für 2022 registrierten Zahlen zur Kriminalität in Deutschland sind nur bedingt mit denen aus den beiden Vorjahren vergleichbar, denn die Corona-Maßnahmen haben auch das Kriminalitätsgeschehen stark beeinflusst. Die 2022 registrierten Fallzahlen liegen in Relation zu denen aus 2019, dem letzten Jahr vor der Pandemie, auf vergleichbarem Niveau. Das relativiert den im Vergleich mit 2021 zu konstatierenden starken Anstieg.
Auch nach dem Ende der Pandemie bestätigt sich unsere Einschätzung, dass sich viele Kriminalitätsphänomene weiter in den digitalen Raum verlagern. Die Polizei steht vor der Herausforderung, mit diesen Entwicklungen Schritt halten zu müssen, ohne dabei die Bekämpfung weiterhin virulenter tradierter Deliktsbereiche aus dem Fokus verlieren zu dürfen.“

Ein wesentlicher Grund für den Anstieg der Fallzahlen dürfte der Wegfall der Corona-Beschränkungen und damit einhergehend die Rückkehr ins normale öffentliche Leben sein. Mehr wiedergewonnene Freiheit bedeutet auch mehr Tatgelegenheiten für Kriminelle.

Dieser „nach-Corona-Effekt“ zeigt sich insbesondere im deutlichen Anstieg der Fallzahlen bei der Diebstahlskriminalität (plus 20 Prozent auf 1.780.783 Fälle), bei den Raubdelikten (plus 27 Prozent auf 38.195 Fälle) sowie im Bereich der Körperverletzung (gefährliche und schwere Körperverletzung plus 18 Prozent auf 144.663 Fälle; vorsätzliche einfache Körperverletzung plus 19 Prozent auf 366.699 Fälle).

Die seit Jahren anhaltende Entwicklung steigender Fallzahlen bei der Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen setzt sich auch für das Berichtsjahr 2022 fort (plus 8 Prozent auf 54.188 Fälle). Die Fallzahlen des sexuellen Missbrauchs von Kindern sind mit 15.520 Fällen (2021: 15.507) weiter hoch.

Nach einem deutlichen Rückgang der tatverdächtigen Kinder (unter 14 Jahre) im ersten Corona-Jahr 2020 um 14,0 Prozent war bereits im Berichtsjahr 2021 wieder ein Anstieg zu verzeichnen (+9,7 Prozent auf 68.725). Mit dem erneuten Anstieg im aktuellen Berichtsjahr auf 93.095 tatverdächtige Kinder wird das Niveau von 2019 deutlich überschritten (2019: 72.890 tatverdächtige Kinder; +16,3 Prozent gegenüber 2019).

Bei den von diesen Altersgruppen begangenen Delikten handelt es sich weit überwiegend um Eigentumskriminalität wie Ladendiebstahl, Sachbeschädigungen, Beleidigungen oder leichte Körperverletzungen. Auch hier könnten Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie mitursächlich für die Anstiege sein. Kausalitäten lassen sich anhand der PKS-Zahlen jedoch nicht abbilden.

Bei der Zunahme von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung jugendpornografischer (+ 32 Prozent) und kinderpornografischer Inhalte (+ 7 Prozent) ist zu sehen, dass vor allem Kinder und Jugendliche ohne Kenntnis eines strafrechtlichen Hintergrundes Bilder in Gruppenchats teilen. Der Anteil der Tatverdächtigen unter 18 Jahren liegt bei 41,1 Prozent. Zur Prävention in diesem Bereich gehört vor allem Bildung, Sensibilisierung und Medienkompetenz, die vermittelt werden muss. Aufklärungskampagnen der Polizeilichen Kriminalprävention wie #denkenstattsenden und Sounds Wrong leisten hier einen wichtigen Beitrag.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2022 ist hier abrufbar >>>

(Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat)