Berlin, 16.01.2023
Ausbauziele für die Windenergie auf See realisieren planen allein reicht nicht!
Am 16. Januar 2023 wurden die Ausbauzahlen für die Offshore-Windenergie 2022 durch die deutsche Offshore-Windbranche vorgestellt. Demnach gingen im vergangenen Jahr 38 Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) mit einer Leistung von 342 MW im Projekt Kaskasi erstmalig ans Netz. Insgesamt speisen damit in der deutschen Nord- und Ostsee 1.539 OWEA mit einer Leistung von insgesamt 8.100 MW Strom ein. Darüber hinaus wurden alle 27 Fundamente für Arcadis Ost 1 bis Jahresende installiert, davon wurden bereits neun mit Offshore-Windenergieanlagen versehen. Für das laufende Jahr wird mit der Fertigstellung und Inbetriebnahme von Arcadis Ost 1 gerechnet. In den kommenden Jahren rechnet die Deutsche WindGuard für die Branche mit höheren Zubau-Raten. Die Projekte zur Realisierung der Ausschreibungen aus dem Jahr 2023 erfolgen ab 2028. Dabei sind insgesamt 8.800 MW ausgeschrieben.
„Für das Erreichen der Ausbauziele bis 2030 müssen in Deutschland in weniger als acht Jahren 22 Gigawatt (GW) auf See installiert werden. In Europa sollen in diesem Zeitraum zusammen rund 150 GW Windenergieleistung zugebaut werden. Die Branche erwartet daher einen erheblichen Anstieg ab 2025 und vor allem gegen Ende des Ausbauzieles 2030, was eine industrielle Machbarkeit voraussetzt. Für den Aufbau stabiler Lieferketten und einen zukunftsorientierten Ausbau von Fertigungskapazitäten braucht es einen stetigen und gleichmäßigen Zubau-Pfad. Die für das Erreichen der Ausbauziele notwendigen Produktionskapazitäten und Fachkräfte fehlen bisher in substanziellem Maße. Ein Plan allein reicht hier nicht. Wir müssen gemeinsam mit der Politik umgehend eine realistische Grundlage für die Umsetzung der Ausbauziele im Bereich Windenergie auf See für Strom und grünen Wasserstoff schaffen“, mahnen die Branchenorganisationen BWE, BWO, Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE, VDMA Power Systems, WAB e.V. und WindEnergy Network e.V. an.
Um die Ziele zu sichern, sind darüber hinaus Anpassungen am WindSeeG erforderlich. Die im WindSeeG 2022 eingeführte Gebotskomponente erhöht die Risiken für Investoren und belastet die Stromkunden mit zusätzlich steigenden Preisen. Denn klar ist, dass die Windparkbetreiber auf See die Gebotskomponente zurückverdienen müssen. Der Ukraine-Krieg hat schmerzhaft gezeigt, wie wichtig Akteursvielfalt ist. Zu deren Gewährleistung besteht im aktuellen Ausschreibungsdesign allerdings kein Sicherungsmechanismus. Hier sollte die maximal zu bezuschlagende Ausbaumenge pro Bieter und Jahr begrenzt werden. „Aufgrund des großen Volumens der Ausschreibungen müssen Regierung und Industrie von Anfang an Hand in Hand arbeiten, um Nachbesserungen zu vermeiden. Das betrifft auch den Erhalt der Akteursvielfalt der Projektierer“, so die Interessenvertretungen.
Die Ausschreibungen, die Auftragseingänge für die Zulieferindustrie ermöglichen, stehen noch aus. Aufträge sind erforderlich, um das „Wiederhochfahren“ der Offshore-Windindustrie für den deutschen Markt und die notwendigen Investitionen in Produktion und Lieferkette, Infrastruktur und Logistik zu ermöglichen. „Mit einem Wachstum der Offshore-Wind-Zulieferkette eröffnen sich neben einer kostengünstigen Energieversorgung und einer größeren Versorgungssicherheit Europas immense Wertschöpfungspotenziale. Zusätzlich bieten sich ebenfalls langfristige und zukunftsorientierte Beschäftigungsperspektiven. Diese gilt es neben dem erforderlichen Klimaschutz zu verwirklichen“, unterstreichen die Branchenorganisationen den aktuell erforderlichen politischen Handlungsbedarf.
Im Jahr 2022 wurde deutlich weniger als ein Gigawatt gebaut. Viele deutsche Zulieferunternehmen sind mit Auftragsabarbeitungen für den internationalen Offshore-Windmarkt beschäftigt. Ein weiterer Engpass sind die erforderlichen Materialien für den Komponentenbau für Offshore-Windenergieanlagen. Neben den fehlenden industriellen Kapazitäten für den Ausbau der Windenergie auf See sind Hafeninfrastrukturen erforderlich sowie eine deutliche Erhöhung des Angebots deutscher Werften für den Bau von Gründungsstrukturen, Umspann- und Konverter-Plattformen, Spezialschiffen für Service & Wartung und für die Errichtung.
Das Erreichen der Ausbauziele für die Offshore-Windenergie in Deutschland von mindestens 30 GW bis 2030, zwischen 40 und 50 GW bis 2035 und mindestens 70 GW bis 2045 erfordert entschlossenes politisches Handeln. Mit der Realisierungsvereinbarung für mehr Windenergie auf See im November 2022 wurden Meilensteine für den notwendigen Netzausbau definiert, die die Branche positiv bewertet.
Die Erzeugung von grünem Wasserstoff auf See steckt noch in den Kinderschuhen und benötigt den erforderlichen regulatorischen Rahmen, der die Entwicklung von konkreten Geschäftsmodellen ermöglicht. Nur so kann der festgelegte Hochlauf der Wasserstoffproduktion aus der Windenergie auf See durch Ausschreibungen von mindestens 500 MW pro Jahr ab 2023 gelingen.
„Die Offshore-Windindustrie benötigt eine große und von der Bundesregierung unterstützte Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive, einfache Investitions- und Finanzierungsbedingungen und die Förderung neuer Produktionskapazitäten, die für die erforderliche Liquidität in der herstellenden Industrie sorgen, sowie international faire Wettbewerbsbedingungen. Besonders auf die Maßnahmen des US-amerikanischen Inflation Reduction Acts muss Europa eine starke, gemeinsame Antwort finden“, erklären die Branchenorganisationen. Mit Blick auf die Fachkräftebedarfe wünschen sich die Verbände mehr Arbeitnehmerfreizügigkeit über EU-Grenzen hinaus und eine effektive Einwanderungspolitik.
Hier finden Sie das Factsheet zum Status des Zubaus der Windenergie auf See für das Gesamtjahr 2022. >>>
Zu den Auftraggebern der halbjährlichen Ausbaustatistik für die Windenergie auf See:
Über den Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE)
Der Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) ist Partner von über 3.000 Unternehmen der Windenergiebranche und vertritt die Interessen seiner rund 20.000 Mitglieder. Der BWE konzentriert damit das gesamte Know-how der vielseitigen Branche.
Über den Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore e.V. (BWO)
Der BWO vertritt alle Unternehmen, die in Deutschland Offshore-Windparks planen, errichten und betreiben. Für Politik und Behörden auf Bundesebene ist der BWO der zentrale Ansprechpartner zu allen Fragen der Offshore-Windenergie.
Über die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE
Ziel der Stiftung ist es, die Rolle der Offshore-Windenergie zu festigen und ihren Ausbau im Interesse von Umwelt- und Klimaschutz voranzutreiben. Sie ist etablierte überparteiliche, überregionale und unabhängige Kommunikationsplattform der gesamten Offshore-Windenergiebranche.
Über VDMA Power Systems
Der Fachverband VDMA Power Systems und seine Arbeitsgemeinschaften vertreten die Hersteller und Zulieferer von Strom- und Wärmeerzeugungsanlagen.
Über WAB e.V.
Die WAB mit Sitz in Bremerhaven ist bundesweiter Ansprechpartner für die Offshore-Windindustrie, das Onshore-Netzwerk im Nordwesten und fördert die Produktion von „grünem“ Wasserstoff aus Windstrom. Dem Verein gehören rund 250 kleinere und größere Unternehmen sowie Institute aus allen Bereichen der Windindustrie, der maritimen Industrie sowie der Forschung an.
Über Wind Energy Network e.V
Über WindEnergy Network e.V. (WEN) Der WEN ist das führende Unternehmensnetzwerk für Windenergie in der Nordost-Region mit aktuell ca. 100 Mitgliedsunternehmen. Ziel ist es, die industrielle Basis und regionale Wertschöpfung im Zukunftssektor der Erneuerbaren Energien auszubauen. Thematische Schwerpunkte bilden die Windenergie an Land und auf See, maritime Technologien in Verbindung mit Offshore Wind sowie die Entwicklung von grünem Wasserstoff.
(Quelle: Bundesverband WindEnergie e.V.)